Zweite Tagung der AOA an der Fachhochschule für Gesundheit in Innsbruck
Ende April durfte ich Teilnehmer und Vortragender der 2. Fortbildungsveranstaltung der Austrian Optometric Association sein. Diese fand diesem mal in den Räumlichkeiten der Fachhochschule Gesundheit in Innsbruck statt. Der Ort war nicht willkürlich gewählt, sondern ist die Wiege unseres neuen Fachhochschulkurses Bachelor of Science in Engineering Augenoptik. Dieser konnte jetzt nach vielen Jahren der Arbeit und Rückschlägen endlich im Oktober 2021 starten. Aus diesem Anlass wurden auch alle Studierenden des FHg-Studienganges und auch die aktuellen Schüler und Schülerinnen des PHTL-Kollegs – Optometrie des Landes Tirol zur Teilnahme eingeladen. Diese durften wie mein Kollege Gumpelmayer es treffend formulierte auch schon ein wenig „Stallluft“ schnuppern.
Das Team der AOA hat sich wieder bemüht hochkarätige Vortragende und spannende Themen zu organisieren. Auch war es sehr erfrischend viele verschiedene Vorträge mit maximal 20 Minuten Länge zu genießen. Dadurch verflog die Zeit wie im Flug. Auch für Stärkung in den Pausen wurde gesorgt und so blieb auch der zwischenkollegiale Austausch nicht auf der Strecke.
Ich möchte kurz meine Eindrücke zu den Vorträgen schildern.
Nach der offiziellen Eröffnung starteten wir gleich mit Andreas Berke, promovierter Physiker und Direktor der höheren Fachschule für Augenoptik in Köln, der uns im Bereich künstliche Intelligenz auf den neuesten Stand brachte. Spannender Weise einmal nicht auf der Anwenderseite sondern auf der Programmiererseite. Er konnte uns eindrucksvoll vermitteln, dass man nicht zwingend Angst davor zu haben braucht sondern die Mechanismen deren Funktion verstehen muss, um sie auch effektiv zu nutzen. Ich konnte das gelernte Wissen beim meiner Heimreise gleich umsetzten, indem ich mich nicht blind auf meine Navigation verlassen habe und dadurch einiges an Zeit gespart habe. Denn wie wir gelernt haben ist bis dato jede Form der künstlichen Intelligenz nur so gut wie das „Futter“ das sie bekommt. Sprich wieviele abgleichbare Routinen und Möglichkeiten zum Vergleichen wurden herangezogen.
Im nächsten Vortag brachte uns ein junger Masterstudent mit seiner Diplomarbeit auf den neuesten Stand des Myopiemanagement und der aktuellen Studienlage zu diesem Thema. Max Aricochi zeigte uns alltagstaugliche Guidlines im Umgang mit Myopie, Eltern und angrenzenden Berufsgruppen.
Anschließend gab uns der Studienleiter des aktuellen Bachelorkurses an der FHG, Gustav Pöltner, einen Einblick und Ausblick des neuen Studienganges. Er zeigte uns den Werdegang bis dorthin und den aktuellen Stand. Er ist, wie er berichtete, mit der aktuellen Entwicklung der Studenten sehr zufrieden und konnte auch noch eine neue Novität, welche früher als erwartet erreicht wurde, präsentieren. Es ist ihm und seinem Team gelungen für bestehende Meister und Kontaktlinsenoptiker einen Bridgekurs zum BSc. einzurichten. Und das ganze berufsbegleitend und zu den gleichen Kosten, sprich normale Studiengebühren, auch für die berufsbegleitenden Teilnehmer. Infos unter: https://www.fhg-tirol.ac.at/page.cfm?vpath=studium/bachelor/augenoptik1.
Nach der Pause demonstrierte uns Hans Klein, promovierter Optometrist und Augenoptiker, in einem Fallbeispiel die Notwendigkeit guter Ausbildung und Fortbildung im Bereich der Optometrie. Er zeigte uns einen Glaukomfall aus der Praxis bei dem es nicht eindeutig zu erkennen war, ob der Kunde Glaukom auffällig ist oder nicht. Es wurde allen Anwesenden anschaulich vermittelt wie wichtig eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation auch mit angrenzenden Berufsgruppen in solchen Situationen sein kann und dass man bei geringsten Zweifeln auch immer an den Augenarzt überweisen sollte.
Nach der Mittagspause entführte uns dann Stefan Lahme, Optometrist und Augenoptiker, in seinen Alltag der Kinderoptometrie. Er führte uns eindrucksvoll vor Augen, wie wichtig das strukturierte und schnelle Arbeiten im Umgang mit Kindern ist. Auch brachte er uns die zwingende Notwendigkeit der Skiaskopie im Zusammenhang mit Kindern wieder ins Gedächtniss. Weiters wieß er auch auf die Nutzlosigkeit von Autorefraktometern im Umgang mit Kindern im täglichen Alltag hin. Er zeigte uns alternative Kindergerechte Abläufe und Beobachtungsziele. So verwendet er zum Beispiel an statt eines Fixierobjektes bei der Skiaskopie kurze Kartoonvideos um die Aufmerksamkeit seiner Schützlinge zu erhalten. Er hatte auch noch viele hilfreiche Alltagstipps für den Refraktionsraum in seinem Vortrag und so konnte jeder etwas für seinen Alltag mit nach Hause nehmen. Er wurde seinem Vortragstitel „Entertainment im Untersuchungsraum“ vollkommen gerecht.
Als nächstes zeigte uns die gebürtige Britin und jetzt in Tirol lebende Optometristin/Augenoptikerin Emily Hargreaves auf, wie wichtig Screenings im täglichen Alltag sein können und welche Auffälligkeit man übersehen könnte. Sie hat selber im Zuge Ihres Studiums ihren damaligen Freund und späteren Ehemann untersucht und dabei eine Auffälligkeit an seinem Sehnerv entdeckt. Sie hat sich verschieden Möglichkeiten dazu überlegt und ihn natürlich weiterüberwiesen. Letztendlich stellte sich heraus, dass es sich um eine Drusenpapille gehandelt hat welche jetzt in regelmäßigen Abständen kontrolliert wird. Sie veranschaulichte dem Puplikum auch die möglichen Differenzialdagnosen welche sich auch die Ärzte überlegt haben und das im Ausschlußverfahren resultierende Ergebnis.
Nach einer weiteren kurzen Pause, in der wieder Zeit zum Netzwerken war, durfte dann der Autor dieses Artikels, selber Augenoptiker und Optometrist, seinen Vortrag halten. Es wurden verschiedene Linsenversorgungen mit Sklerallinsen im Zusammenhang mit verschiedensten Keratektasien präsentiert. Mehrere Fallbeispiele aus der Praxis wurden gezeigt und das Ganze wurde mit ein paar Tipps und Tricks für den Anpassalltag ergänzt. Anscheinend, auf Grund des nachfolgenden Feedbacks von Kollegen, fanden einige Teilnehmer die Idee der angewärmten NaCl-Lösung sehr hilfreich für den Alltag.
Anschließend präsentierte Johannes Plangger, Optometrist und Augenoptiker, einen Fall aus seiner Praxis und zeigte uns, dass es in der Versorgung mit multifokalen Kontaktlinsen durchaus verschiedene Wege zum Erfolg gibt. Eine wichtige Botschaft zum Mitnehmen in den beruflichen Alltag war in seinem Fall sicher die Tatsache, dass ein eingeschränktes Binokularsehen die Versorgung mit multifokalen Linsen durchaus herausfordernd macht und es uns manchmal auch zu kreativen Lösungsansätzen motiviert.
Den krönenden Abschluß durfte dann ein weiteres Vorstandsmitglied der AOA machen, Rene Kreillechner, Optometrist und Augenoptiker, welcher uns auch eindrucksvoll die Notwendigkeit guter Aus und Weiterbildung im Bereich der Optometrie vor Augen führte. In seinem Fall ging es um „verhältnismäßig“ schwache Veränderungen der Sehstärke und Sehleistung welche aber falsch interpretiert gravierendere Auswirkungen haben hätten können. Die Botschaft aus seinem Vortrag für die anwesenden Kollegen war sicherlich die, dass man bei „ungewöhnlichen“ Änderungen im optischen System auch an andere Möglichkeiten denken sollte und immer eine vollständige Testung aller relevanten Systeme durchführen sollte.
Alles in Allem war es wieder ein sehr informatives und perfekt organisiertes Fortbildungswochenende bei dem wir auf eine Fortsetzung gespannt sein dürfen. Es hat auf jeden Fall, bei den anwesenden Kollegen, den Durst auf Wissen und weiteren Fortbildungen geschürt.
Ich freue mich schon auf unsere nächsten Veranstaltungen und hoffe wieder viele Kolleginnen zu treffen um auch im direkten Erfahrungsaustausch meinen Horizont zu erweitern.
Der Autor Mario Teufl